Eine Recherche ist doch einfach zu bewältigen! Man googelt ein wenig und befragt dann noch ein bis zwei Leute, was sie darüber denken und damit ist es getan. Denkste!
Ein Journalist hat laut dem Bayerischem Pressegesetz, Art. 3 Abs. 2, die Aufgabe, wahrheitsgemäß zu berichten und daher auch das Recht, sich Informationen einzuholen. Im Sinne der wahrheitsgemäßen Berichterstattung steht die gründliche Recherche, wofür googeln und ein bis zwei Personen zu interviewen eindeutig zu wenig sind. Wie genau bei einer Recherche vorgegangen werden sollte, zeigt folgende Anleitung nach Haller, 2004 und Machill, Beiler & Zenker, 2008:
- Was ist relevant für das Thema?
- Überprüfen der Ausgangsinformation
- Erweitern der Ausgangsinformation über neue Informationen
- Hypothesenbildung
- Beantwortung aller offenen Fragen/Hypothesenüberprüfung
- Text verfassen
Jede Recherche hat das Ziel, das schon Bekannte durch beschaffen, überprüfen, bewerten und deuten von neuen Informationen zu erweitern (Machill et al., 2008).
1. Was ist relevant für das Thema?
„Wer“ alles hat eigentlich „was“ und „wann“ genau „wo“ veranlasst/durchgeführt/erlebt…“
„Wie“ und „warum“ hat er das getan? (Haller, 2004, S. 59).
Die Frage nach der Relevanz des Themas ist sozusagen die Vorarbeit der Recherche. Sie ist grundlegend und nicht zu vernachlässigen. Am besten fragt man sich selbst zuerst, was einen an diesem Thema interessiert. Dann kann man sich darauf konzentrieren, was die wichtigsten Fragen sind und welche Informationen den Leser betreffen und interessieren. Aus diesen Fragen erschließt sich dann, ob die Recherche überhaupt zweckmäßig und effizient ist (Haller, 2004, S. 59). Das heißt, ob sich für dieses Thema zeitlich gesehen überhaupt eine umfangreiche Recherche lohnt.
2. Überprüfen der Ausgangsinformation
Hierzu sollten die Ausgangsinformationen durch Gegeninformationen abgesichert werden (Machill et al., 2008). Ganz nach der Regel: „Jedes journalistische Thema basiert auf überprüfbaren Aussagen“ (Haller, 2004, S. 58). Nur die W-Fragen (Wer? Was? Wann? und Wo?) sind sachverhaltlich überprüfbar. Hat man diese, sollten sie unstrittig gemacht werden und strittige als solche gekennzeichnet werden (Haller, 2004). Unstrittig ist eine Aussage dann, wenn sie durch Quellen eindeutig als richtig belegt wird. Strittig hingegen, wenn verschiedene Quellen anders über die Aussage berichten oder denken.
3. Erweitern der Ausgangsinformation über neue Informationen
Zunächst werden dann strittige Aussagen über verschiedene Quellen überprüft und anschließend neue Informationen eingeholt. Bei strittigen Fragen sollte auf Veröffentlichung verzichtet werden, wenn die Quellenlage nicht eindeutig geklärt werden kann (Haller, 2004).
Das Einholen neuer Informationen kann dann in die Breite oder in die Tiefe erfolgen (Machill et al., 2008). Bei der Recherche in die Tiefe werden alle naheliegenden Fragen beantwortet und Handlungszusammenhänge plausibel gemacht (Haller, 2004).
Recherchiert wird zuerst online und anschließend, wenn möglich, vor Ort. Haller (2004) empfiehlt die Vor-Ort-Beobachtung zur Überprüfung der Online-Recherche. Er weist außerdem daraufhin, dass eine Quelle zuverlässiger ist, je distanzierter sie zu den berichteten Ereignissen steht.
Die Online-Recherche eröffnet viele Möglichkeiten. Hier sollte jedoch darauf geachtet werden, dass ausländische Seiten gemieden werden, da dort oft keine Impressumspflicht besteht (Machill et al., 2008). Deutsche und Österreichische Seiten sind jedoch unbedenklich (Wikipedia, Stand: 17.09..2011). Online Quellen sind folgende: E-Mail, Computergestützte Datenbanken, Onlineauftritte redaktioneller Medien, Onlineauftritte von Institutionen und Privatpersonen, Wikis, Blogs und Suchmaschinen (Machill et al., 2008).
Per E-Mail kann die Seriosität schnell eingeschätzt werden, da der Empfänger bekannt ist. Ebenfalls können so Interviews geführt werden, die anders nicht möglich wären. Das ist jedoch eine eher nicht zu empfehlende Ausweichvariante. Zudem können Newsletter zu interessierenden Themen abonniert werden (Machill et al., 2008).
Computergestützte Datenbanken sind aktuell und werden ständig überprüft, sodass sie zuverlässige Quellen darstellen. Wichtige Datenbanken sind folgende (Machill et al., 2008):
- http://www.genios.de/ (Die beste Datenbank für Wirtschaftsunternehmen)
- http://munzinger.de/search/start.jsp (Umfassende Informationen über Personen, Sport, Pop, Länder, Filme)
- http://www.pressedatenbank.guj.de/PDB/Home.htm;jsessionid=916E7BEE08D82DFA7D156D0096009D9C.pdb3 (Artikel aus mehreren Jahrzehnten werden hier online gestellt. Man muss sich jedoch registrieren.)
Weitere Quellen stellen Onlineauftritte von redaktionellen Medien dar. Hier gilt, dass alles noch einmal überprüft und am Besten an Leitmedien orientiert werden sollte (Machill et al., 2008). Spiegel online ist zum Beispiel ein relativ verlässliches Leitmedium.
Onlineauftritte von Institutionen und Privatpersonen sind sehr unterschiedlich glaubwürdig. Zum Einen existiert hier eine eindeutige Quelle und es besteht die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme, zum Anderen jedoch sind diese Seiten sehr subjektiv und daher unbedingt zu überprüfen. Vereine, Verbände, NGO’s, Parteien und Privatpersonen vertreten ihre eigenen Sichtweisen und müssen nicht immer wahre Aussagen treffen. Daher sollte die Gegensicht ebenfalls geprüft werden (Machill et al., 2008).
Wikis und Blogs bieten die besten Einblicke in die Zielgruppe der Jugendlichen. Hier ist allerdings oft die Glaubwürdigkeit fraglich. Soll jedoch ein unbekannter Begriff geklärt werden, hat sich Wikipedia als zuverlässige Quelle etabliert (Machill et al., 2008).
Suchmaschinen sind der schnellste Weg, um an Quellen zu kommen. Hier sollten jedoch die oben genannten Regeln beachtet werden (Machill et al., 2008).
Befragungen von am Geschehen beteiligten Personen sind unerlässlich. Zuerst sollten unbeteiligte Personen befragt werden, um ein besseres und neutraleres Übersichtswissen zu erhalten. Wird ein Artikel über einen Konflikt geschrieben, hilft es, die zu befragenden Personen in Gruppen einzuteilen. Hierdurch kann der Konflikt besser herausgearbeitet werden (Haller, 2004). Wie genau Befragungen bzw. Interviews durchgeführt werden findest du unter dem Menüpunkt ‚Interview‘.
Unter folgenden Homepages findest du Kontaktadressen und Telefonnummern für deine Recherche: recherchetipps.de, journalismus.com, pressguide.de (Mast, 2008).
Experten findest du hier: idw-online.de, forschungsportal.net, Taschenbuch des öffentlichen Lebens von Albert Oeckl (Mast, 2008).
4. Hypothesenbildung
Ab hier geht es dann von der Sachverhalts- zur Deutungsebene über. Es wird das ‚Wie‘ und das ‚Warum‘ geklärt (Haller, 2004). Wie kam es zum Geschehnis und warum war das so? Hier stellst du dann Hypothesen auf und überlegst dir damit das weitere Vorgehen der Recherche.
5. Beantwortung aller offenen Fragen/Hypothesenüberprüfung
Mithilfe der Hypothesen können jetzt alle offenen Fragen herausgestellt werden. Es werden Genauigkeit und Detailreichtum erweitert. Die Informationsdichte wird auf das Publikum abgestimmt (Haller, 2004). Ist das Publikum eher an tiefergehender Information oder an oberflächlichen Zusammenhängen interessiert? Eine Erweiterung der Informationen um das Ereignisfeld herum sollte nur vorgenommen werden, um das Geschehen beschreibbarer, plausibler und transparenter zu machen (Haller, 2004).
6. Text verfassen
Bevor es ans Schreiben geht, sollte der Kern der Recherche herausgestellt werden. Was ist der Neuigkeits- oder Erkenntniswert, der durch die Recherche gewonnen wurde? (Haller, 2004).
Wichtig beim Verfassen des Textes ist, dass einerseits anschauliche Strukturaussagen getroffen werden, andererseits ein roter Faden eingehalten wird. Außerdem müssen alle Akteure des Geschehens genannt werden. Bei Konfliktthemen müssen alle Kontrahenten und Positionen genannt werden. Ebenfalls sollte auf Veranschaulichungen und die Sprache geachtet werden (Haller, 2004). Hierzu hilft Menüpunkt ‚Schreiben‘ weiter.
Quelle:
Haller, M. (2004) Recherchieren (6., überarbeitete Auflage). Konstanz: UVK.
Machill, M., Beiler, M.& Zenker, M. (2008). Journalistische Recherche im Internet. Düsseldorf: Landesanstalt für Medien.
Mast, G. (2008). ABC des Journalismus (11., überarbeitete Auflage). Konstanz: UVK.
Wikipedia. 17.09.2011. Impressumspflicht. Verfügbar unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Impressumspflicht